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Jacopone da Todi

Jesus Christus, wann am Ende
wird es sein, dass meine Liebe
rein zu dir, mein Gott, sich wende?

Rein zu dir sich meine Liebe
wende mit entflammtem Wollen,
mit erglühtem Herzenstriebe,
Herr, durch dich, den Liebevollen;
Jesu, Bräut’gam! süß entquollen
strahlt mir deines Lichtes Gnade,
und so wallt der Liebe Pfade
hin zu dir mein Geist behende.

Meinem Geist verleihet Schwingen
deines Lichtes Strahlenhelle;
deine Flammen mich durchdringen,
dass ich selbst aufflamme schnelle,
und das Herze jauchzt zur Stelle
über deine süße Liebe,
dass ich alle andern Triebe
dieser Erde von mir sende.

Alle falsche Liebe lass’ ich,
die das schnöde Fleisch begehret;
den Betrügerdämon hass’ ich,
der die Seele mir versehret;
denn mich hat dein Licht verkläret
mit der Liebe süßem Walten;
nicht mehr kann geheim ich’s halten,
jedem diese Kund’ ich spende.

Jedem muss ich mich entdecken,
da die Liebe fest mich bindet;
Liebe bringt mir Angst und Schrecken,
hat das Herz mir ganz entzündet,
Glut mir eingeflößt sich findet;
Wollen nahm sie mir und Denken;
Ruhm nicht kann mich seitwärts lenken,
keine Lust, die noch mich wende.

Nichts mehr such’ ich noch hienieden,
als in Liebe festzuhalten
jenen Einen, der mein Frieden,
ganz in ihn mich zu gestalten;
nicht mehr weiß ich, wie zu walten;
da in ihn ich eingegangen,
kann ich tun nur sein Verlangen,
keine Wünsch’ ich mehr entsende.

Einzig wünsch’ ich, was sein Wille,
will allein noch seine Ehre,
nur dass er mein Sehnen stille,
ihn zu schaun mir einst gewähre;
bittend mich zur Lieb’ ich kehre,
welche, sanft zu allen Zeiten,
mich zum Himmel will geleiten,
harr’ ich aus nur bis an’s Ende.

Ihm allein Lob, Lieb’ und Ehre,
welcher Drei in Einem Wesen;
all mein Hoffen ist der Hehre,
der zum Dasein mich erlesen;
unbegrenztes Gottes Wesen,
wie mich deine Liebe bindet,
ganz die Seele sich abgründet
in das Liebesmeer ohn’ Ende.

In dein Liebesmeer versenket,
muss Gedächtnis ihr erschlaffen;
durch dein Licht, das hin sie lenket
zu dem Glanz, der unerschaffen,
treu zu lieben Christi Waffen,
welcher Gott unangefangen,
wächst ihr täglich das Verlangen,
dem dein Wille Ruh’ und Ende.

Wenn nun also ruht ihr Wollen
in dem wonnereichen Willen,
kann sie anderm Gut nicht zollen,
kann nur Jesu Lieb’ erfüllen,
kann nur sein Verlangen stillen;
er umgibt sie so mit Schmerze,
dass ihr laut aufschreit das Herze
ob der wonnereichen Spende.

Festlich schallen Jubelchöre;
Tag und Nacht nur Liebe singt sie
seiner Majestät zur Ehre,
dessen Willen nun vollbringt sie;
und so große Lust durchdringt sie,
dass sie keiner g’nügend schätzte,
und wer je sich drin ergetzte,
keine Worte für sie fände.

Keine Wort’ es je beschreiben,
Wonn’ ist’s über alle Sinne,
muss das Herz zum Jubel treiben,
kostet’s solche Gottesminne.
Schweig’ ich gleich, dess bin ich inne,
nichts kann jener Liebe gleichen,
jener hohen, überreichen,
drob ich träumend sinn’ ohn’ Ende.

Jacopone da Todi