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Meister Eckhart

Warum Gott oft gestattet, dass gute Menschen von ihren guten Werken gehindert werden

Nur um deshalb lässt der getreue Gott es zu, dass manchmal auch seine Freunde in Schwachheit fallen: Damit ihnen aller Halt abgehe, darauf sie sich stützen oder verlassen könnten. Dann natürlich wär’s einem eifrigen Menschen ein großer Triumph, wenn er etwas recht Erkleckliches vermöchte, sei’s im Wachen, Fasten oder anderm, sonderlich in großen und schweren Dingen – eine große Genugtuung ist ihnen das und ein Steuer und eine Hoffnung. Womit denn ihre Werke ihnen einen Halt geben und eine Zuversicht. Das will unser Herr ihnen benehmen; er will, dass er alleine ihr Anhalt und ihr Zuverlass sei. Und das einzig nur aus seiner einfaltigen Güte und Barmherzigkeit. Denn bei Gott bedarf es für sein Tun weiter nichts als seiner Güte: Nicht etwa tragen unsere Werke dazu bei, dass Gott uns etwas gebe, etwas tue. Deswegen will unser Herr, dass seine Freunde den Ihren entfallen, und zu diesem Zweck löst er sie los von jenem Anhalt, auf dass er alleine ihr Halt sein müsse. Denn er will ihnen Großes geben, und zwar einzig um seiner freien Güte willen: Er soll ihr Enthalt und ihr Trost sein, sie aber sollen als ein lauteres Nichts sich finden und achten angesichts aller großen Gaben Gottes. Denn je gelöster und lediger das Gemüt sich auf Gott wirft, von ihm sich tragen lässt, je tiefer man in Gott gesetzt und aller köstlichen Gaben Gottes umso empfänglicher wird. Der Mensch also baue allein auf Gott.

Reden der Unterweisung