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Jacopone da Todi

Jesu, Glutherd ohne Gleichen,
der das Herz zur Flamm’ entfacht,
wolle Trost der Seele reichen,
die zu deiner Lieb’ erwacht.

Du erscheinst, ihr Glut zu zünden,
die entbrennt zu solchen Lohen,
dass sie Raum nicht scheint zu finden,
der umfassen mag die hohen;
darauf ladest du zum frohen
Tanz sie wunderbarer Einheit,
dass sie schauet Gottes Reinheit,
außer der nicht Ruh’ ihr lacht.

Ruhe wird sich dem verwehren,
wer da steht in solchem Fühlen,
und die andachtvollen Zähren
wachsen so im Lieberwühlen,
dass er Rast nicht kann erzielen
und in Wonnen immer lächelt;
wie von Himmelsluft umfächelt,
also süß sein Sang erwacht.

Dann, wenn über ihn die feine
Salbung kommt im Überschwange,
einet Wonn’ und Lust all seine
Sinn’ in süßem Jubelsange;
große Tröstung lässt ihn lange
fest in seinem Gotte gründen,
und kein Mund vermag zu künden
solcher Wonnen Übermacht.

Hohes Herz, voll Lustakkorden!
dem im Innern Christus thronet;
Haus des Herrn ist es geworden,
darin keine Trauer wohnet;
wen ein solches Lieben lohnet,
redet in so neuen Zungen,
wenn sein Wort vom Lamm erklungen,
dass ein End’ er ungern macht.

Dann entsendet er zum Dritten
so gewaltig seine Pfeile,
dass der Leib, zur Erd’ entglitten,
liegt, als ob ihn Tod ereile;
Gottes Trost wird ihm zuteile;
mit den heil’gen Engeln schweben
kann er nun im ew’gen Leben,
nicht auf and’res mehr bedacht.

Kein Gedanke will sich regen,
nach dem Ird’schen noch zu blicken;
Dinge denkt er, gar entlegen,
fortgerafft hat ihn Entzücken;
umgeformt in allen Stücken
ist er zu so großer Klarheit,
höchster Schönheit, reinster Wahrheit,
gern dort hielt’ er stets die Wacht.

Viertes ist Genuss; – Begrüßen
Gottes macht ihn jubilieren;
nun beginnt er zu genießen
jenes, was er mocht’ erspüren;
nicht zur Sätt’gung kann’s ihn führen,
also süß ist diese Speise;
Lieb’ entrafft ihn solcher Weise,
dass sie ihn verstummen macht.

Stehen muss er stumm und stille,
kann auf Worte gar nicht denken;
solche sel’ge Wonnefülle
bringt’s, in Christ sich zu versenken;
kein Gedanke kann ihn lenken,
als sich mit der Liebesflamme
ganz zu füllen zu dem Lamme,
das sich so ihm dargebracht.

Auf der Fünften zeigt die Höhe
sich der heil’gen Gottbetrachtung;
denn er schaut den Herrn in Nähe
ohne Teilung und Umnachtung;
in so staunende Beachtung
tritt er seiner Güt’ und Zierde,
seiner Majestät und Würde,
dass er stumm vor solcher Pracht.

Keiner ist, der auserzähle
jenes Jubeln und Ergetzen,
das sich eingießt in die Seele,
will aus ew’gen Lichtes Schätzen
sie das höchste Gut erletzen.
Ganz geblendet stehn die Augen,
die das höchste Licht einsaugen,
einzig nur auf’s Schau’n bedacht.

Ruh’ im Sechsten wird sie pflegen
von dem Bräutigam umschlungen;
alles Handeln ist erlegen,
drin und draußen Ruh’ errungen;
einen Ort hat sie erschwungen,
dem sie nimmer kann entfallen;
sie genießt solch Wohlgefallen,
dass sie nichts mehr zögern macht.

Nicht hier zögern will sie länger,
ganz hält Jubel sie umschlossen,
und der Geist schließt eng und enger
stets sich Gott an, als Genossen;
fast schon ist er überflossen
in das ew’ge Gotteswesen;
selbst die Engel, auserlesen,
sehn mit Staunen seine Macht.

Doch das Letzt’ ist nicht zu künden:
Bei den Sel’gen lebt er droben,
wo die Seraphim entzünden
flammend sich, in Lieb’ erhoben,
und mit lauter Stimme loben:
„Heilig, heilig, heilig, Ehre
sei dir Herr der Himmelsheere!“
ihren Herrn bei Tag und Nacht.

Nimmer denken sie zu enden
mit so süßem Hochgesange;
Christ zu schauen, stets sie wenden
sich mit neuem Liebesdrange;
in der Liebe Überschwange
stets die Geister sie erneuen,
wie sie seines Lichts sich freuen,
umgeformt in seine Pracht.

Jacopone da Todi